Pfarrgemeinde St. Ludger Selm

ermutigend – Impuls 07.10.2020

„Was Du ererbt von Deinen Eltern …

… erwirb es, um es zu besitzen.“ Jeder von uns ist von den Menschen, die uns umgeben, geprägt worden – erst recht von unseren Eltern. Von meiner Mutter habe ich neben der Liebe und vielem anderen vor allem eines gelernt: Dankbarkeit. Natürlich habe ich als Kind – wie wohl fast alle Kinder meiner Generation -, immer wenn ich etwas geschenkt bekommen habe, zu hören bekommen: „Was sagt man?“ „Danke!“ Doch das meine ich nicht, denn das war gewissermaßen erzieherische Pflichtaufgabe der Eltern. Das ungeheure Geschenk der Dankbarkeit habe ich erst erhalten, als meine Mutter schon alt war, und begriffen habe ich, dummer Kerl, es erst, als sie schon tot war.

Meine Eltern gingen für ihr Leben gern spazieren und im Urlaub wandern. Von klein auf gingen meine Schwester und ich mit – aber an vielen Dingen achtlos vorbei. Als meine Mutter älter wurde und nicht mehr so konnte, da wurden die Pausen auf allen möglichen Parkbänken immer mehr und immer länger. Dann saß sie auf der Bank und zeigte auf den Himmel, die Wolken und die Beleuchtung und freute sich darüber, wie sie sich ständig veränderten. Oder sie zeigte uns kleine unscheinbare Blumen am Wegrand, die wir kaum wahrgenommen hatten und wies uns auf ihre Einzigartigkeit und Schönheit hin. Genauso aber erfreute sie sich an Tieren und besonders an Menschen, wenn sie vorübergingen. In allem sah sie etwas Schönes und Einzigartiges, als wäre es einzig und allein nur für sie geschaffen worden, ihr zur Freude.

Natürlich wusste sie, dass es nicht so war, aber es bereitete ihr große Freude und sie genoss es, das alles zu sehen und zu bestaunen. Ich, dummer Kerl, hielt das für „Verzögerungspolitik“, um länger sitzen bleiben zu können. Erst viel später habe ich begriffen, wie Recht sie hatte: Es ist wundervoll jeden Tag neu, wie Gott uns immer wieder beschenkt zu unserer Freude – und das erfüllt auch mich mit tiefer Dankbarkeit.