Pfarrgemeinde St. Ludger Selm

ermutigend – Karsamstag

Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?

Jeder, der schon mal in Rom war, kennt sie: die berühmte Pieta von Michelangelo im Petersdom. Sie gilt als eines der berühmtesten Kunstwerke der Geschichte. Dennoch ist sie mir zu schön, zu süßlich. Viel beeindruckender ist für mich diese Pieta, die ich in einem ehemaligen Kloster in der Toskana gefunden habe. Maria hält ihren toten, ausgezehrten, geschundenen Sohn in ihrem Schoß. Ja, sie verschmilzt geradezu mit ihm, so sehr fühlt sie mit, ist ihre Seele verwundet, geschunden.

Es gibt ein berühmtes Sprichwort aus der griechischen Antike: Wenn Kinder ihre Eltern begraben müssen, so ist das schmerzlich, aber es ist der Lauf der Welt. Wenn aber Eltern ihre Kinder begraben müssen, so ist das das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann. Der Schoß, der sich vor 33 Jahren geöffnet hatte, um die Hoffnung, den Messias zur Welt zu bringen, erhält nun die gequälten Überreste zurück: Mission gescheitert, Hoffnung am Ende. Und doch flieht Maria nicht, sie bleibt ihrem geliebten Sohn nahe.

Vielleicht spürt sie ganz tief in ihrem Herzen, dass dies nicht alles sein kann, dass ihre Liebe, so groß sie auch ist, ihrem Sohn nicht das Leben bewahren konnte, dass sie aber Zeugin von etwas ganz Neuem, Unerhörtem werden wird. So wie Maria Ihrem Sohn die Treue gehalten hat, so wird auch er uns allen die Treue halten und uns nicht im Tode zurücklassen, sondern hinführen in die Vollendung, in die Fülle des Lebens.