Pfarrgemeinde St. Ludger Selm

ermutigend – Impuls 02.08.2020

Nun danket alle Gott …

Eines meiner Hobbies ist die Geschichte. So habe ich vor etlichen Jahren alte Wochenschauberichte gesehen, in denen berichtet wurde von der Heimkehr der letzten kriegsgefangenen deutschen Soldaten aus Russland im Jahre 1955. Ich werde die da gezeigten Bilder nie vergessen, wie die ausgemergelten Gestalten glücklich und froh winkend in Zügen ankamen und anschließend überglücklich und vor Freude weinend ihre Frauen und Familien umarmten. Daneben standen jedoch die, deren Männer und Söhne nicht heimgekommen waren und die verzweifelt Schilder hochhielten mit der Frage „Wer hat meinen Sohn / meinen Mann N.N. gesehen?“ Auch diese Frauen weinten – vor Leid. Doch dann stimmten alle gemeinsam das alte Kirchenlied an „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen.“

Dieses Lied hat eine Jahrhunderte alte Geschichte: Geschrieben wurde es von dem evangelischen Pfarrer Martin Rickarts vermutlich um 1630 als Dankgebet für seine Familie. 1636 wurde es zum 1. Mal veröffentlicht und in der noch heute bekannten Weise 1653 von Johann Crüger vertont.

Dieses Lied ist also während des 30-jährigen Krieges in einer Zeit höchster Schrecken entstanden – und doch dankten die
Menschen Gott seine Hilfe. Die Heimkehrer 1955 hatten – so glaube ich – in den Jahren ihrer Kriegsgefangenschaft buchstäblich die Hölle auf Erden erlebt, unermessliches Leid – und doch dankten sie Gott, dass er sie bewahrt hatte und heimgeführt
hatte zu ihren Familien. Auch als 1989 der Eiserne Vorhang, die Mauer fiel, wurde dieses Lied gesungen – nach einer Zeit von Trennung und Leid, nach vielen Toten, die die Mauer gekostet hatte.

Das macht mir Mut, dass Gott uns Menschen nicht im Stich lässt, sondern immer an unserer Seite ist – auch in Zeiten größter Not.