Gott ist größer
Wir haben Ostern gefeiert, die Auferstehung Christi, des Erlösers – und damit auch unsere Hoffnung auf Auferstehung. Die Ostkirchen haben dafür ein wundervolles Bild: die Anastasis-Ikone, die Auferstehungsikone, auch „Christi Höllenfahrtsikone“ genannt. Während wir auf Erden am Karsamstag die Grabesruhe halten und für uns Christus tot im Grab lag, so glauben die Ostkirchen, dass er höchst aktiv gewesen ist: Im Augenblick seines Todes hat er den Tod besiegt, die Pforten der Unterwelt zerbrochen und alle Verstorbenen aus der Unterwelt errettet. Diese Ikone hatte ich Ihnen und Euch schon im vergangenen Jahr vorgestellt.
Heute habe ich jedoch eine neue, andere Darstellung des gleichen Geschehens für Sie, für Euch: Worin liegt der Unterschied? In den Personen auf der linken Seite der Ikone. Während in der klassischen Ikone vom letzten Jahr sich dort Johannes der Täufer, König David und König Salomo befinden, so sind auf dieser Anastasisikone andere dargestellt: Johannes der Täufer, König David und ein Mann mit dem Kreuz in der Hand. Anscheinend ist dieser Mensch auch gekreuzigt worden. Da aber alle Jünger zum Zeitpunkt noch leben und noch keiner gekreuzigt worden ist, kann diese Person nur ein Mensch sein: der Einzige in der ganzen Heiligen Schrift, dem von Christus höchstpersönlich das Paradies versprochen worden ist (Lk 23, 43). Doch dieser Mensch war ein zum Tode verurteilter Schwerverbrecher, der nach eigenem Bekunden zu Recht verurteilt worden ist. Auch die anderen Personen, die auf der Ikone zu sehen sind, haben sich nicht gerade mit Ruhm „bekleckert“: König David, der Ehebrecher, der seinen Nebenbuhler auch noch umbringen ließ. Auch die anderen hatten ihre Fehler und Sünden. Allen voran Adam und Eva, die im Vordergrund zu sehen sind. Alle diese Menschen erlöst der Herr und führt sie in die Fülle des Lebens.
Wenn er das an ihnen getan hat und das seitdem an unzähligen Menschen tut, welches Recht haben wir, diese Menschen zu verurteilen und zu verdammen?
