Pfarrgemeinde St. Ludger Selm

ermutigend – Impuls 05.09.2020

Die Mutter der Armen und Hoffnungslosen

Im September 1997 gingen zwei Nachrichten in Windeseile um die Welt und lösten große Trauer aus – die eine mehr, die andere verschwand fast dahinter: Zum einen verstarb Lady Diana durch einen tragischen Unfalltod und löste fast eine Trauerhysterie aus. Das Fernsehen und alle anderen Medien waren voll davon. Zum anderen verstarb fast im Verborgenen Mutter Teresa von Kalkutta, die unzähligen Menschen, die allein gelassen auf die Straße geworfen worden waren, um dort zu verrecken, zum Stern der Hoffnung und Liebe geworden war. Im Tode, als sie sich nicht mehr wehren konnte, bekam sie die Ehrung, die sie verdient hatte: Als erste Nicht-Inderin bekam sie ein großes Staatsbegräbnis, an dem fast alle Staatsoberhäupter bzw. Regierungschefs teilnahmen – nicht, weil sie es protokollarisch gemusst hätten, sondern weil sie es wollten. Das war sicher nicht im Sinn von Mutter Teresa, die lieber von ihren Freunden, den Armen und Ausgestoßenen, umgeben gewesen wäre. Ihr Wunsch war es immer gewesen, den Himmel mit Armen und Aussätzigen zu füllen.

Wie groß diese kleine, im Alter noch gebückt gehende Frau war, habe ich beim ersten Weltfriedensgebet in Assisi erleben dürfen: Dort waren neben vielen tausend Menschen auch alle Religionsoberhäupter der großen Weltreligionen versammelt, um gemeinsam für den Frieden in der Welt zu beten. Auf einmal kam Unruhe in die Menschen. Sie hatten gehört, dass Mutter Teresa eingetroffen sei, um sich dort in die Schar der Beter einzureihen. Und wirklich: Aus der Vogelperspektive sah man die kleine Gestalt in ihrem blau-weißen Habit ganz hinten ankommen. Alles drehte sich um. Und nun geschah etwas, das mir die ganze Größe dieser Frau zeigte: Als sie merkte, dass alle sich umdrehten und nicht mehr beteten, drehte sie sich um und verschwand, um das Gebet nicht zu stören. Ich habe nie eine größere Frau gesehen als sie.
Ihr Gedenktag ist am 5. September.