Pfarrgemeinde St. Ludger Selm

ermutigend – Impuls 20.02.2022

Sein Gesicht wahren…

Wenn ich in den Nachrichten die Berichterstattungen vom Ukraine–Konflikt höre und sehe, dann wird mir angst und bange. Da wird fast ein Krieg heraufbeschworen, bloß weil Machtinteressen und Schwierigkeiten in der Wirtschaftspolitik vermeintlich den einen Machthaber dazu bringen, durch außenpolitische Manöver abzulenken, und er jetzt nicht mehr zurück kann, ohne sein Gesicht zu verlieren. Auch die andere Seite sieht ihre Machtinteressen gefährdet und steht bei ihren Partnern im Wort, denen sie Schutz versprochen hat, denen sie Hoffnungen gemacht hat, die sie auch nicht im Stich lassen kann, ohne das Gesicht zu verlieren.

Fehler sind auf beiden Seiten gemacht worden: Auf der einen Seite hat man im Westen die Sorgen und Befürchtungen der anderen Seite nicht ernstgenommen und auf der anderen Seite hat man von Russland aus durch Aktionen, wie z.B. die Annektierung der Krim, die Nachbarstaaten buchstäblich in die Arme der NATO getrieben. Und jetzt droht Krieg, weil jede Seite glaubt, ihr Gesicht zu verlieren. Doch kann das die Lösung sein? Nein! Die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts mit zwei furchtbaren Weltkriegen hat gezeigt, dass das nur in Zerstörung und millionenfachen Tod und endlosem Leid endet. Aus der Antike stammt der Satz: „Si vis pacem, para bellum.“ – „Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor.“ Dieser Satz von den berühmtesten Denkern der Antike ist schlichtweg falsch, denn: „Wenn Du Frieden willst, dann bereite ihm den Weg.“ Deshalb ist eines ganz wichtig: Wer den Weg des ausgleichenden Friedens geht, wer sich ernsthaft um den Frieden müht, verliert niemals sein Gesicht, sondern er zeigt wahre Größe.

Unser Gesicht können wir nicht verlieren, weil uns das Angesicht Gottes eingeprägt ist – und zwar jedem Menschen, egal in welcher Position, egal welchen Glaubens, egal aus welcher Nation. Deshalb muss ein Weg der Versöhnung möglich sein – und ich bin fest davon überzeugt, er ist es auch.