Gabe ist immer zugleich auch Aufgabe
Vor vielen Jahren habe ich einmal meine damalige Pfarrgemeinde gebeten, aufzuschreiben, welche Talente sie bei anderen Menschen erkennen. Ganz viel kam da zusammen. Am deutlichsten ist mir im Gedächtnis geblieben ein großes Schild, auf dem geschrieben stand: „Lachen“. Vielleicht werden Sie jetzt denken: „Was ist denn daran so toll? Fehlt denn da nicht der nötige Ernst, den wir im Leben brauchen?“ Ich kenne auch solche Menschen, die ganz toll lachen können. Sie lachen bei weitem nicht immer, vor allem wissen sie sehr genau den kleinen aber wichtigen Unterschied zwischen dem Andere–Anlachen und Andere–Auslachen. Aber sie verstehen es auf wundervolle Weise, Menschen im positiven Sinne zu verzaubern, anderen die Sonne zurückzubringen, die sie aus welchen Gründen auch immer verloren haben in ihrem Leben. Solche Menschen besitzen eine der größten Gaben, weil sie es am leichtesten schaffen, die Welt ein wenig heller zu machen, mitzuwirken am großartigen Werk Gottes – der Erlösung.
Doch nicht nur sie sondern alle Menschen mit ihren Gaben haben diese nicht erhalten nur für sich selbst und zu ihrem eigenen Nutzen. Doch welchen Nutzen hat eigentlich Gott, unser Talentgeber, davon? Warum gibt er uns eigentlich unsere Talente? Sicher zum einen, weil es ihm Freude macht, zu schauen, wie wir sie nutzen zu unserer Freude und unserem Vorteil. Aber er gibt sie uns auch noch aus einem anderen Grund: Seit Anbeginn der Welt und erst recht seitdem er selbst in unsere Welt gekommen ist, hat er uns eine große und wundervolle Aufgabe zugedacht: Wir sind nicht nur einfach Objekte seiner Liebe und Güte, für er sorgt wie für ein Blumenbeet. Nein – Gott schätzt uns so hoch ein, er traut uns so viel zu, dass er uns zu seinen Mitarbeitern macht am Werk der Erlösung, am Aufbau seines Gottesreiches. Er will, dass wir mitwirken an seinem Werk, damit es uns nicht übergestülpt wird, damit es auch unsere Handschrift, auch unser Gesicht trägt.
Deshalb ist nicht nur die Fähigkeit zu lachen, sondern jede Gabe, jedes Talent, immer zugleich auch Aufgabe für uns, die Welt ein Stück heller, etwas erlöster zu machen. Wem das gelingt, der hat wahrhaft Göttliches vollbracht.
Ach übrigens – Gelegenheiten gibt’s dazu in Hülle und Fülle: Schauen Sie sich nur einmal in unserer Gemeinde, in unserer Stadt oder in Ihrem Leben um! Und erzählen Sie mir nicht, Sie hätten keine Talente. Das glaube ich Ihnen nämlich nicht.
